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St.-Nikolai-Kirche

Die gotische Backstein-Hallenkirche aus dem 15. Jahrhundert ist das Wahrzeichen der Spandauer Altstadt. Kurfürst Joachim II. nahm hier einst den protestantischen Glauben an und läutete damit die Reformation in der Mark Brandenburg ein. 

Neben Gottesdiensten finden in der St.-Nikolai-Kirche Orgelandachten und Konzerte statt. Ein weiteres Angebot sind die „Abendmusiken bei Kerzenschein“ auf dem Reformationsplatz. Das Spandovia Sacra am Reformationsplatz beherbergt ein Museum zur Geschichte der Kirche, die alte Kirchenbibliothek und ein Café. Wer möchte, kann an den Wochenenden in der Saison den Kirchturm besteigen und die Aussicht auf die Altstadt genießen.

Das Wahrzeichen der Spandauer Altstadt

St.-Nikolai-Kirche in der Spandauer Altstadt (Foto: Ralf Salecker)

Die St.-Nikolai-Kirche steht heute für die Reformation in der Mark Brandenburg (Foto: Ralf Salecker)

Der imposante Turm der St.-Nikolai-Kirche auf dem Reformationsplatz ragt mit seinen 75,5 Metern weithin sichtbar über die Dächer Spandaus hinaus. Die Kirche ist – ebenso wie die Nikolaikirche in Berlin-Mitte – eine der wenigen erhaltenen mittelalterlichen Kirchengebäude aus den Anfängen der Stadt Berlin. Anders als viele andere Kirchen ist die Kirche nahezu jeden Tag für Besucher geöffnet. Außerdem gibt es einen gesonderten Bereich für Kleinkinder, damit sich die Familie derweil ungestört auf einen Rundgang durch die Kirche begeben kann.

Neben Gottesdiensten finden in der St.-Nikolai-Kirche Orgelandachten und Konzerte statt. Ein weiteres Angebot sind die „Abendmusiken bei Kerzenschein“ auf dem Reformationsplatz. Das Spandovia Sacra am Reformationsplatz beherbergt ein Museum zur Geschichte der Kirche, die alte Kirchenbibliothek und ein Café.

Eine Kirche am Handelsweg

Als die Siedlung am Burgwall noch existierte, verlief durch diese ein Handelsweg über Magdeburg nach Köpenick. Diesen verlegten die Askanier weiter nach Norden, nachdem sie die Mark Brandenburg unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Fortan ging es über den Behnitz nach Berlin und Cölln und von dort weiter nach Osten. Köpenick blieb außen vor. Die Errichtung einer Kirche am neuen Handelsweg war nur konsequent. Errichtet wurde sie dort, wo die Spree in einem breiten Delta in die Havel mündet. Angesichts dieser Gegebenheiten verwundert es nicht, dass der Vorgängerbau der heutigen St.-Nikolai-Kirche, der etwa zwischen 1230 und 1240 niederbrannte, dem Schutzpatron der Händler und Fischer gewidmet war.

Entstehung, Zerstörung und Wiederaufbau

Turm der St.-Nikolai-Kirche (Foto: Ralf Salecker)

Schon Theodor Fontane genoss die Aussicht vom Turm der St.-Nikolai-Kirche (Foto: Ralf Salecker)

Neuere Forschungsergebnisse legen nahe, dass die Spandauer St.-Nikolai-Kirche etwa zehn Jahre älter ist als ihre Namensschwester in Berlin-Mitte. Errichtet wurde sie im Stil der norddeutschen Backsteingotik ab etwa 1370 an der Stelle, an der zuvor ihr Vorgängerbau aus Feldsteinen und Holz gestanden hatte. Mithilfe von dendrochronologischen Untersuchungen konnte das genaue Alter der Holzbalken im Dachstuhl der Kirche bestimmt werden. Gefällt wurden diese 1369/1370 und mit ziemlicher Sicherheit sofort für den Bau verwendet. Erst Ende des 14. Jahrhunderts wurde der gesamte Kirchenbau fertiggestellt. Der beeindruckende Turm entstand deutlich später, nämlich 1467/1468. Damals war er der höchste Turm in der Mark. Während einer Bombennacht 1944 brannte er vollständig aus. Fast hätte man sich damals für den Abriss entschieden, zog dann jedoch die Schadensbeseitigung vor, die sich bis 1958 hinzog. Lange Jahre hatte der Turm ersatzweise nur ein einfaches Spitzdach. Erst seit 1989 ist er wieder von einem barocken Turmabschluss gekrönt. Dieser wurde der ursprünglichen Turmspitze mit schinkelschen Schmuckelementen nach Plänen von 1839 nachgebildet.

Schon Theodor Fontane genoss die Aussicht

Wer mag, kann an Wochenenden in der Saison den Turm im Rahmen einer Führung besteigen und nach 230 Stufen im Obergeschoss des Turmes, in 53,8 Metern Höhe, durch acht Öffnungen in der barocken Kuppel die weite Sicht über Spandau, nach Berlin und ins Havelland genießen. Schon Theodor Fontane zeigte sich begeistert von der Aussicht:

„Zu Füßen uns, in scharfer Zeichnung,
als läge eine Karte vor uns ausgebreitet,
die Zickzackwälle der Festung;
ostwärts im grauen Dämmer die Türme von Berlin;
nördlich, südlich die bucht- und seenreiche Havel,
inselbetupfelt, mit Flößen und Kähnen überdeckt;
nach Westen hin aber ein breites,
kaum hier und da von einer Hügelwelle unterbrochenes Flachland,
das Havelland.“

(aus „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ von Theodor Fontane)

Glocke in der St.-Nikolai-Kirche (Foto: Ralf Salecker)

Die ursprünglichen Glocken fielen einem Stadtbrand am 25. Juni 1740 zum Opfer (Foto: Ralf Salecker)

Im Rahmen einer Führung ist ein Blick in den weitläufigen Dachstuhl möglich, der das gotische Deckengewölbe einmal aus einer ganz anderen Perspektive zeigt. Im Geschoss können die drei Bronzeglocken besichtigt werden. Die größte von ihnen, die sog. Dank-Glocke, hat einen Durchmesser von 1,75 Metern und wiegt 3,4 Tonnen.

Von den ursprünglichen Glocken ist keine mehr erhalten. Sie fielen einem Stadtbrand am 25. Juni 1740 zum Opfer. Noch im selben Jahrhundert erwarb die Gemeinde drei „neue“ Glocken. Eine dieser Glocken schmolz man im Ersten Weltkrieg ein, um Metall für Kanonen zu gewinnen. Eine andere zerstörte das Feuer der Bombennacht im Zweiten Weltkrieg. Geblieben ist lediglich eine Glocke, die offensichtlich damals schon gebraucht war, denn sie stammt aus dem Jahr 1704. Im Laufe der Jahre kamen drei neue Glocken hinzu. Die letzte von ihnen erklang erstmals am Tag der Deutschen Einheit, dem 3. Oktober 1990.

Kurfürst Joachim II. und die Reformation

Kurfürst Joachim II. (Foto: Ralf Salecker)

Kurfürst Joachim II. nahm in der St.-Nikolai-Kirche einst den protestantischen Glauben an (Foto: Ralf Salecker)

Vor dem kupfernen Eingangsportal erhebt sich das Standbild Joachim II. Der frühere Kurfürst der Mark Brandenburg empfing an diesem Ort am 1. November 1539 das heilige Abendmahl nach lutherischer Lehre in beiderlei Gestalt (Hostie und Wein). Damit läutete er die Reformation im Kurfürstentum Brandenburg ein, denn in dieser Zeit nahm das Volk automatisch die Religion seines Herrschers an. Seine Mutter musste zuvor noch außer Landes fliehen, weil sie sich schon 1527 für den protestantischen Glauben entschieden hatte. Insofern müsste eigentlich sie als Initiatorin der Reformation in der Mark gelten.

Einblicke in den Kirchenraum

Direkt hinter dem Eingangsportal, welches zunächst in den Turm führt, weist ein Detail auf die Wehrhaftigkeit der Kirche hin: Der massive Querbalken, der hier zu sehen ist, sollte ein gewaltsames Eindringen in das Gebäude verhindern.

Der Kirchenraum besteht aus einer dreischiffigen gotischen Halle von 41,5 Metern Länge und 18,5 Metern Breite. Die Wände sind in schlichtem Weiß gehalten. Zwölf Backsteinsäulen aus roten Backsteinziegeln im Klosterformat, symbolisch für die zwölf Apostel, stützen das gotische Kreuzrippengewölbe. Große bleiverglaste Fenster lassen einen sanften Lichtschein ins Innere.

Altar in der St.-Nikolai-Kirche (Foto: Ralf Salecker)

Unter dem Altar liegt die Gruft, in welcher der Baumeister der Zitadelle Spandau und seine Familie ihre letzte Ruhe fanden (Foto: Ralf Salecker)

Der acht Meter hohe kunstvolle Altar im Stil der Renaissance fällt schon von Weitem ins Auge. Tritt man näher heran, so fallen an den beiden Seitenflügeln des Altars Abbildungen auf, die den Stifter des Altars Rochus Guerini Grafen zu Lynar mit seiner Familie zeigen. Unter dem Altar, von hinten über eine kleine Pforte zu erreichen, liegt die Gruft, in welcher der Baumeister der Zitadelle und seine Familie ihre letzte Ruhe fanden.

Eine andere berühmte Familie, nämlich die Glienicker Linie der Adelsfamilie von Ribbeck, hat in der sog. Ribbeck-Kapelle unter der Kreuzigungsgruppe aus dem 15. Jahrhundert ihre Grablege gefunden. Einige von den „Spandauer Ribbecks“ waren Gouverneure der Stadt und Festung Spandau. Diese kleine Kapelle wird auch Marien-Kapelle genannt, weil sie vor der Reformation der Marienverehrung diente. In ihr befindet sich heute die Nachbildung der „Spandauer Madonna“, deren Original im Märkischen Museum ausgestellt ist. Das Museum lehnte es ab, dem Wunsch der Spandauer nach einer Rückgabe der Madonna nachzukommen. Die gotische Marienskulptur von 1290 stammt möglicherweise aus dem Spandauer Benediktinerinnenkloster, das eine Marienkirche besaß.

Links vor dem Altar hat der älteste liturgische Gegenstand der Kirche seinen Platz gefunden: ein bronzenes Taufbecken aus dem Jahre 1398. Getragen wird es von den vier Evangelisten. Das am Beckenrand angegebene Datum wird als Zeitpunkt der Fertigstellung des Kirchenschiffs interpretiert.

Rechts ragt eine hölzerne Kanzel im Stil preußischen Barocks empor, die aus der Kapelle des Stadtschlosses in Potsdam stammt. Ursprünglich hat König Friedrich Wilhelm I. sie der reformierten Spandauer St.-Johannis-Kirche gestiftet. Von dieser Kanzel aus hielt der Soldatenkönig in Potsdam die Ansprachen an seine „Langen Kerls“.

Neben den liturgischen Besonderheiten der St.-Nikolai-Kirche sind einige Gemälde, Tafeln und Wappen, die Persönlichkeiten aus der Spandauer Geschichte darstellen, von besonderer Bedeutung, darunter ein Bildnis des Spandauer Chronisten und Oberpfarrers Daniel Friedrich Schulze.

Die Kanonenkugel in der nördlichen Kirchenmauer

Kanonenkugel in der Kirchenmauer (Foto: Ralf Salecker)

Eine Kanonenkugel in der Kirchenmauer erinnert an den Beschuss der Altstadt durch preußische Truppen am 20. April 1813 (Foto: Ralf Salecker)

Es gab mehrere Situationen, in denen die Altstadt unter Beschuss geriet. So inszenierte Joachim II. beispielsweise 1567 den sog. Knüttelkrieg zwischen Spandauern und Berlinern, um derweil bewusst die St.-Nikolai-Kirche zu beschießen. Dieser Beschuss ist allerdings nicht der Anlass für die Kanonenkugel in der nördlichen Außenmauer der Kirche. Mit dieser hat es vielmehr Folgendes auf sich:

Entsprechend den Verträgen zwischen Preußen und Frankreich wurde die Zitadelle 1812 nach der Niederlage Napoleons in Russland wieder von französischen Truppen besetzt. Ab März 1813 belagerten und beschossen verbündete russische und preußische Truppen die Zitadelle, weil der französische General Bruny keine Anstalten machte, sich bedingungslos ergeben zu wollen. Im April explodierte dort das Pulvermagazin. Während der Gefechte um die Zitadelle wurde die Altstadt am 20. April 1813 von preußischen Truppen beschossen. Die 1839 in die Außenmauer des Kirchengebäudes eingemauerte Kanonenkugel soll daran erinnern. Es war nicht die einzige eingemauerte Kugel in Spandau. Nach der Befreiung der Zitadelle durften Hauseigentümer, die Schäden durch den Beschuss zu verzeichnen hatten, beim Kommandanten der Zitadelle beantragen, eine Kugel an der Hauswand anbringen zu dürfen. Nur die Kugel an der St.-Nikolai-Kirche existiert heute noch.

St. Nikolai-Kirche
Reformationsplatz
13597 Berlin

Öffnungszeiten

Mo bis Fr 12–16 Uhr,
Sa 11–15 Uhr,
Sonn- und Feiertag: nach dem Gottesdienst bis 16 Uhr

Gemeindebüro und Küsterei

Havelstraße 16
13597 Berlin
Telefon: 333 56 39 und 333 69 60
Mo, Di, Do und Fr 9–13 Uhr,
Do auch 15–18 Uhr (nicht in den Schulferien)

Turmführungen

Von April bis Oktober jeweils samstags um 12.30 Uhr und jeden 1. und 3. Sonntag im Monat um 12.00 Uhr (nach dem Mittagsläuten)

  • Erwachsene: 2,00 Euro
  • Ermäßigt: 1,00 Euro

Spandovia Sacra
Reformationsplatz 12
13597 Berlin
www.nikolai-spandau.de

Öffnungszeiten:

Mi, Fr, Sa und So 15–18 Uhr, Eintritt frei

Führung durch Haus und Ausstellung :

freitags (unregelmäßig): 17 Uhr (Dauer ca. 1 Stunde), Führung kostenlos

Neben Gottesdiensten finden in der St.-Nikolai-Kirche Orgelandachten und Konzerte statt. Ein weiteres Angebot sind die „Abendmusiken bei Kerzenschein“ auf dem Reformationsplatz. Der Eintritt zu vielen Veranstaltungen ist frei.

Zum Veranstaltungsprogramm

Haltestellen:

Altstadt Spandau (icon_u-bahn7),
U Altstadt Spandau (icon_busX33)

Anfahrt aus Berlin:

S5 oder Regionalbahn bis Berlin-Spandau, von dort zu Fuß durch die Fußgängerzone (5 Minuten) oder mit der icon_u-bahn7 bis Altstadt Spandau

Vom Berliner Hauptbahnhof bis Berlin-Spandau sind es mit der S5 etwa 30 Minuten. Die Regionalzüge benötigen ca. 15-20 Minuten.

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