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Anker Steinbaukästen

Ältere Besucher bekommen sofort glänzende Augen, wenn sie von Dr. Richters Anker Steinbaukästen hören. Vor dem Ersten Weltkrieg waren diese ein international bekanntes Markenspielzeug, das besonders Jungen begeisterte. Allerdings war es auch ein sehr teures Spielzeug. Der kleinste Kasten kostete bereits eine Goldmark. Heute würden die Steine sicherlich schnell ein Bio-Siegel erhalten, schließen bestehen sie nur aus Quarzsand, Kreide und Leinölfirnis.

ANKER Steinbaukastenfreunde Berlin in Spandau

ANKER Steinbaukastenfreunde, eine Attraktion in der Spandauer Wilhelmstadt

ANKER Steinbaukastenfreunde, eine Attraktion in der Spandauer Wilhelmstadt (Foto: Ralf Salecker)

Nach dem Umzug aus dem Gotischen Haus in das schmucke Domizil Pichelsdorfer Straße 86, in 13595 Berlin Spandau, OT. Wilhelmstadt, präsentiert sich die ANKER Steinbaukastensammlung in beeindruckender Form dort völlig neu. Es ist Deutschlands größte im Großkaliberformat.

Erstmals ist es möglich die fast 500 Original Holzkästen gut geordnet zu zeigen. Neben der bekanntesten Systemserie Lyck, befinden sich darunter auch ganz besondere Sonderserien wie Festungs-, Burgen-, Brücken-, Landhaus-, Amerikanische Bungalow- und Mosaikkästen sowie Vexier- und Geduldsspiele. Die ältesten Kästen stammen aus den ersten Jahren um 1885 und zeigen als Markenzeichen statt des Ankerlogos noch ein Eichhörnchen. Unter diesem Zeichen hatten die Erfinder Gustav und Otto Lilienthal versucht die Kästen als Spielzeug zu etablieren – leider ohne Erfolg. Erst der Unternehmer Adolph Richter, aus Rudolstadt in Thüringen, hat dem Ankerstein zum Welterfolg verholfen.

 

Die Sammlung besteht aus mehr als 150.000 Bausteinen

ANKER Steinbaukastenfreunde, eine Attraktion in der Spandauer Wilhelmstadt

ANKER Steinbaukastenfreunde, eine Attraktion in der Spandauer Wilhelmstadt (Foto: Ralf Salecker)

Um mit den alten Steinen leichter bauen zu können, wurden sie nach Größen, Formen und Farben in übersichtliche Kunststoffkisten sortiert. Die gesamte Sammlung, die aus über 150.000 Teilen besteht, ist katalogisiert und dient damit als ausgezeichnete Grundlage für mögliche Ergänzungen und Archivierungen. Ergänzt wird die Sammlung durch Bauunterlagen und ein umfangreiches Archiv zur Entstehung des Kinderspielzeugs.

Es tauchen immer wieder auch Stücke und Kästen aus der Zeit der DDR auf, die sich von der antiken Vorkriegsaufmachung schon “ ideologisch “ sehr unterscheiden. Dort hat man bis zum Jahre 1964 weiter gefertigt. Die Verkaufserfolge waren jedoch mäßig und so ruhte die Produktion bis nach der Wiedervereinigung Deutschlands. 1992 waren es dann Liebhaber, um den Hochschulprofessor Georg Plenge aus Berlin, die in Rudolstadt das alte Spielzeug wieder zum Leben erweckten.

 

Platz für Sonderausstellungen

Mit der Einrichtung der Räume in der Pichelsdorfer Straße 86 sind erstmalig in einer separaten, privaten Ausstellung diese Schätze  kostenfrei zu bewundern. Eine ganze Regalwand ist außerdem für Sonderausstellungen, die mit den Ankersteinen verwandt sind, reserviert. Diese Ausstellungen werden in regelmäßigen Abständen neu gestaltet.

Im Augenblick sind dort viele Exemplare von Baukästen aus anderen Materialien als Stein zu sehen. Dort treffen sich regelmäßig, z.Zt. jeden Dienstag, die Anker Steinbaukastenfreunde Berlin um die Sammlung zu ordnen, zu pflegen und vor allen Dingen mit den Steinen zu bauen. So sind und werden dort ständig imposante Bauwerke entweder nach originalen Vorlagen, nach Fotos oder nach eigenen Entwürfen gebaut und ausgestellt.

 

Besucher sind herzlich willkommen

Die augenblicklich ständigen, ehrenamtlich wirkenden Mitarbeiter Frau Linke, Herr Schäfer und Herr Schulze, freuen sich über jeden interessierten Besucher und berichten sehr gern aus ihrem vielfältigen Erfahrungsschatz über diese pädagogisch wertvolle Spielzeug für Jung und Alt. Wer sich für eine Teilnahme an den Spieltagen interessiert, sollte sich direkt an die u.g. Kontaktadresse wenden. Es können nie genug Mitstreiter sein, die sich um den Erhalt dieses einmaligen Kulturgutes bemühen.

 

Mit einer Sammelleidenschaft fing alles an

ANKER Steinbaukastenfreunde, eine Attraktion in der Spandauer Wilhelmstadt

ANKER Steinbaukastenfreunde, eine Attraktion in der Spandauer Wilhelmstadt (Foto: Ralf Salecker)

Inhaber der Sammlung ist Dieter Schäfer. Er wollte seine Leidenschaft für Ankerbausteine sowie für das Erschaffen von detailreichen und liebevoll ausgestatteten Bauwerken mit anderen teilen und hat seine Sammlung deshalb der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Schäfers Sammlerkarriere begann, als er einige Baukästen von seinem Vater erbte. Im Laufe von 65 Jahren erstand er dann eine stattliche Anzahl weiterer Kästen auf Trödelmärkten, bei Wohnungsauflösungen oder Spielzeugauktionen. Anker Steinbaukästen haben eine lange Tradition. Im Jahr 1880 begann der Unternehmer Friedrich Adolph Richter im thüringischen Rudolstadt mit ihrer Herstellung. Ausgehend von der elementaren Form des Würfels fertigte Richter im Laufe der Jahre ca. 400 verschiedene Baukästen mit ca. 1.200 unterschiedlichen Steinsorten. 400 davon sind in Schäfers Sammlung enthalten.

Vor einigen Jahren ist Schäfer, der im weltweiten Verein der Ankerbausteinsammler organisiert ist, auf seinen heutigen Mitstreiter Helmuth Schulze aufmerksam geworden. „Aus reiner Neugierde wollte ich mal sehen, wer in Berlin die gleiche Sammelleidenschaft pflegt“, meint der Spandauer Anker-Freund. „Der Zufall wollte es, dass mein jetziger Partner in Spandau nur wenige Meter von mir entfernt wohnt. Seit diesem Kennenlernen gehen wir zusammen unserem Hobby nach.“ Davon haben auch andere etwas, denn beide lassen gemeinsam immer dienstags in der 1. Etage des Gotischen Hauses für die Besucher alte Häuser aus der Spandauer Geschichte entstehen. Wer beim Bauen zusehen möchte oder Fragen hat, ist dort gerne gesehen. Die Ausstellung ist dienstags von 10 bis 15 Uhr und nach Vereinbarung geöffnet. Für Schulklassen und Hobbygruppen werden Bauseminare angeboten.

 

Ein wenig zur Geschichte der Steinbaukästen

ANKER Steinbaukastenfreunde, eine Attraktion in der Spandauer Wilhelmstadt

ANKER Steinbaukastenfreunde, eine Attraktion in der Spandauer Wilhelmstadt (Foto: Ralf Salecker)

Maßgeblich für den Erfolg der Steinbaukästen war das geniale dahinterstehende Ergänzungssystem, das den fortschreitenden Aufbau mit steigendem Schwierigkeitsgrad ermöglichte. Die Grundkästen, die auch für Familien mit geringem Einkommen erschwinglich waren und den Aufbau recht einfacher Bauwerke ermöglichten, konnten jederzeit durch Ergänzungskästen aufgestockt werden. Parallel mit aufsteigender Kastennummer stiegen die Anforderungen an die kleinen Baumeister. Beim Bau einer Burg oder eines Palastes wurden die Steine der untergeordneten Kästen benötigt und in das neue Bauwerk integriert. Allen Kästen lagen genaue Bauvorlagen, Ansichten und Einpackhilfen bei, denn alle Steine passen exakt in den dafür vorgesehen Holzkasten.

Bis 1963 wurden in Thüringen noch Steine und Kästen – natürlich im Baustil des Sozialismus – produziert. 1994 belebte ein Nachfolgeunternehmen die Idee dann wieder – mit zeitgemäßen Bauvorlagen und farbenfroher Ausstattung.

Man könnte meinen, Dr. Richter habe als Namensgeber die Steinbaukästen auch erfunden. Das ist jedoch nicht der Fall. Er hat sie nur erfolgreich vermarktet. Erfunden wurden die Steine von den Gebrüdern Lilienthal, den Pionieren der Luftfahrt. Der Architekt Gustav Lilienthal sah in den Bausteinen eine Möglichkeit, Kindern Schönheit, Wissen und lebensechte Formen näherzubringen und so einen Beitrag zu einer ästhetischen Erziehung zu leisten. Leider gelang es den Brüdern jedoch nicht, ihre Idee in ein finanziell tragfähiges Geschäftskonzept bzw. Produkt zu verwandeln. Als sie dringend Geld benötigten, verkauften sie deshalb für gerade einmal 1.000 Goldmark alle Rechte an den Bausteinen an Friedrich Adolph Richter. Später bereuten sie den Verkauf und versuchten, mit eigenen Bausteinen wieder ins Geschäft einzusteigen. Richter verhinderte dies jedoch erfolgreich in langwierigen, für die Lilienthals fast ruinösen Gerichtsprozessen.

 

Bildergalerie: Anker Steinbaukästen in der Wilhelmstadt

Anker Steinbaukastenfreunde Berlin
Bus-Haltestelle: Pichelsdorfer Straße / Weißenburger Straße ( icon_bus 136, 236)  

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