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Rathaus Spandau

Am südlichen Rand der Altstadt erhebt sich das Rathaus des Bezirkes wie eine trutzige Burg. Erbaut wurde es in den Jahren 19101913 unter Kaiser Wilhelm II. Es ist also mittlerweile über 100 Jahre alt. Mit dem imposanten Gebäude wollte Spandau damals seine Unabhängigkeit von Berlin demonstrieren. 1920 wurde die Stadt dann jedoch nach Berlin eingemeindet.

Heute befindet sich im Rathaus Spandau vor allem das Bezirksamt mit einem Großteil der Bezirksverwaltung sowie dem Bürgeramt. Außerdem tagt hier die Bezirksverordnetenversammlung. In der ersten Etage finden wechselnde Ausstellungen statt.

Rathaus Spandau – Regierungssitz mit 100-jähriger Geschichte

Rathaus Spandau (Foto: Ralf Salecker)

Mit seinem imposanten Rathaus wollte Spandau zu Beginn des 20. Jahrhunderts seine Unabhängigkeit von Berlin demonstrieren (Foto: Ralf Salecker)

Die Fassade des Gebäudes am Rande der Altstadt hat eine Länge von 116 Metern und sein Turm überragt mit einer Höhe von 86,25 Metern sogar den Turm der St.-Nikolai-Kirche (77 Meter) auf dem Reformationsplatz. Zieht man die Länge des „Fahnenmastes“ mit seiner goldenen Kugel als trigonometrischem Messpunkt ab, dann sind es noch 77,5 Meter. Von der Aussichtsplattform in 61 Metern Höhe könnte man weit nach Berlin und ins Havelland blicken – wenn der Turm denn für Besucher geöffnet wäre. Der Fahrstuhl, den es hier einmal gab, liegt seit dem Zweiten Weltkrieg zertrümmert am Boden. Geblieben sind 285 Treppenstufen. Menschen steigen diese jedoch nur sehr selten hinauf, denn der Turm ist seit Jahrzehnten baupolizeilich gesperrt.

Am 3. April 1911 fand die offizielle Grundsteinlegung des Rathauses statt. Im großen Segmentgiebel über dem Hauteingang steht neben dem Bezirkswappen die Inschrift:

Erbaut unter der Regierung Kaiser Wilhelms II. von der Bürgerschaft in den Jahren (MCMX – MCMXIII) 1910–1913.

Derart große Rathäuser entstanden damals auch deshalb, weil die „Städte“ miteinander in eine Art Wettbewerb um das eigene Ansehen traten. Stolz wollte man zeigen, wer man war. Beim Spandauer Rathaus ging es außerdem darum, die Unabhängigkeit von Berlin zu demonstrieren. Stadtrat Emil Müller sprach bei der Grundsteinlegung einen Satz aus, der dies in anschaulicher Weise belegt: „Es schütze uns des Kaisers Hand vor Großberlin und Zweckverband“. Trotz allem wurde Spandau 1920 nach Berlin eingemeindet. Wäre dies nicht passiert, hätte der größte Teil Spandaus 40 Jahre lang zur DDR gehört.

Ein neues Rathaus muss her

Chronik Rathaus Spandau (Foto: Ralf Salecker)

Chronik eines Rathauses (Foto: Ralf Salecker)

Bevor das heutige Rathaus errichtet wurde, gab es ein kleines Rathaus am Marktplatz in der Altstadt, etwa dort, wo heute das Gebäude der Berliner Volksbank steht. Es wurde um 1900 jedoch endgültig zu klein, denn unter Oberbürgermeister Friedrich Koeltze entwickelte sich Spandau prächtig. So kam der Wunsch nach einem prächtigen neuen Domizil auf, das zudem die gesamte Stadtverwaltung beherbergen sollte. Bis dato verteilte sich diese auf fünf örtlich getrennte Gebäude.

Im Zuge der Entfestigung Spandaus wurden im Jahr 1908 schließlich Nägel mit Köpfen gemacht. Magistrat und Stadtverordnetenversammlung beschlossen, ein neues Rathaus zu bauen. 2 Millionen Mark sollten dafür investiert werden. Am Ende beliefen sich die Kosten auf 6 Millionen Mark – eine Belastung, die von der Stadt kaum zu stemmen waren, den Spandau war zu dieser Zeit stark verschuldet. Seinen Grund hatte dies u.a. darin, dass die vielen Rüstungsbetriebe in der Stadt nicht zum Steueraufkommen beitrugen. Für das Rechnungsjahr 1913 wurden mehr als 40 Millionen Mark Schulden ausgewiesen, bei einem Gesamtetat von unter 15 Millionen. Allein für Tilgung und Zinsen mussten 3 Millionen Mark ausgegeben werden.

Um wenigstens etwas Geld zu sparen, wurden bei dekorativen Elementen im Inneren des Rathauses keine teuren Werkstoffe eingesetzt. Auf den ersten Blick erscheint die Eingangshalle des Rathauses durchaus prachtvoll. Schaut man allerdings etwas genauer hin, entpuppt sich der teure Marmor als gemaltes „Blendwerk“.

Man errichtete das Gebäude nach dem Entwurf von Georg Süßenguth und Heinrich Reinhardt, die damals den 2. Platz des Planungswettbewerbs gewonnen hatten. Weitere Werke der beiden Architekten sind der beeindruckende Bau des Charlottenburger Rathauses, der ungleich prächtiger gestaltet wurde als das Rathaus in Spandau, sowie die Rathäuser in Steglitz und Treptow.

Der Rathausturm durchbricht ganz offensichtlich die Symmetrie des Gebäudes. Grund dafür ist der schwierige Baugrund, mit dem die Baumeister schon damals zu kämpfen hatten. Man löste das Problem, indem man den Turm separat und etwas versetzt im Hof errichtete.

Rathaus Spandau (Foto: Ralf Salecker)

Das Rathaus wurde auf der Bastion I der alten Stadtbefestigung nahe dem ehemaligen Potsdamer Tor errichtet (Foto: Ralf Salecker)

Am 15. September 1913 erfolgte die feierliche Einweihung des Gebäudes. Erst zehn Jahre zuvor, am 27. Januar 1903, war die Festungseigenschaft Spandaus aufgehoben worden. Unter dieser hatte die Stadt lange Zeit gelitten, denn Mauern, Wälle und Bastionen verhinderten ihr Wachstum wie ein Korsett. Mit der Aufhebung der Festungseigenschaft Spandaus begann eine neue Zeit. So ist es nicht verwunderlich, dass für den Rathausneubau ein Platz vor der Stadt gewählt wurde, obwohl auch einige Orte innerhalb der heutigen Altstadt zur Diskussion standen. Die Bastion I der alten Stadtbefestigung nahe dem ehemaligen Potsdamer Tor war perfekt geeignet. Schließlich führte hier die alte von Russland und Polen kommende Handelsstraße über Spandau, Brandenburg und Magdeburg ins Rheinland. Um 1501 war dies die einzige auf einer Karte verzeichnete Ost-West-Straße von Berlin über Spandau nach Brandenburg.

Der linke Seitenflügel beherbergte früher u.a. die Polizei, die sogar über eigene Hafträume verfügte. Nach der Machtübernahme durch die Nazis im Januar 1933 nutzte die SA die Gefängniszellen als „wildes KZ“. In Berlin gab es damals 20 Einrichtungen dieser Art. Im Volksmund wurde der Übergang vom Nebengebäude ins Hauptgebäude spöttisch Beamtenlaufbahn genannt.

Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg

Rathaus Spandau (Foto: Ralf Salecker)

Unter der weißen Farbe in der Säulenhalle im 1. Stock finden sich noch die ursprünglichen Ornamente (Foto: Ralf Salecker)

Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Rathaus erhebliche Schäden. Der Wiederaufbau erfolgte in den 1950er Jahren in stark vereinfachter Form. So sind heute zwei Türmchen, die den Risaliten zierten, nicht mehr vorhanden und die ursprünglich vorhandene Haube des Hauptturmes wurde 1957 mit einem von Reiner Seidel entworfenen Abschluss versehen. Die einst reich mit Jugendstilornamenten ausgeschmückte Vorhalle restaurierte man in den Jahren 1987 und 1988, während die Säulenhalle im 1. Stock, in der häufig Ausstellungen stattfinden, weiß überstrichen wurde. Unter der weißen Farbe befinden sich noch die urprünglichen Ornamente.

Kein Amtsschimmel, aber ein Esel im Haus

Der kleine Eselsreiter (Foto: Ralf Salecker)

Seit 1955 reitet ein kleiner Junge auf einem Esel durch die Eingangshalle des Rathauses (Foto: Ralf Salecker)

Am Fuße der beiden Treppen in der Eingangshalle des Rathauses steht eine Bronzeskulptur, deren abgewetzte glänzende Stellen belegen, dass sie schon von unzähligen erwachsenen und kindlichen Betrachtern berührt wurde. Nicht der Amtsschimmel ist hier zu sehen, sondern „Der kleine Eselsreiter“, ein kleiner Junge, der auf einem Esel reitet. Geschaffen hat die Skulptur im Jahr 1912 der Tierbildhauer August Gaul, ein Mitbegründer der Berliner Sezession. Bei dem Jungen handelt es sich um seinen Sohn. Tilla Durieux, die Gattin des Kunsthändlers Paul Cassierer, wollte damals den Kindern des Bildhauers ein Geschenk machen und gab deshalb den Esel bei Gaul in Auftrag.

Die Skulptur hat schon viele Orte im Bezirk geschmückt. Zuerst stand sie im Gutspark Neu-Kladow, der damals Johannes Guthmann gehörte. Da die neuen Nutzer des Parks die Skulptur anstößig fanden, musste sie weichen. So landete sie 1937 als Leihgabe im Koeltzepark. 1949 platzierte man sie dann auf einem Muschelkalksockel im Wröhmännerpark. Dort blieb sie allerdings nur ein paar Jahre, denn der Standort entpuppte sich als unsicheres Pflaster für eine Bronzeskulptur. Buntmetalldiebstähle und Vandalismus nahmen damals stark zu. Deshalb steht der kleine Eselsreiter seit 1955 an seinem heutigen Platz im Rathaus Spandau. Vier Abgüsse ließ August Gaul von der Skulptur anfertigen: Eine steht im Park des ehemaligen Gutshauses Märkisch-Wilmersdorf, eine im Städelgarten Frankfurt, eine dritte in der Österreichischen Galerie in Wien und die vierte ist leider verschollen.

Das Goldene Buch der Stadt Spandau

Spandaus Goldenes Buch (Foto: Ralf Salecker)

Kronprinz August Wilhelm, der Sohn des letzten deutschen Kaisers, war der erste, der sich in das Goldene Buch der Stadt eintrug (Foto: Ralf Salecker)

Jede Stadt, die etwas auf sich hält, besitzt ein Goldenes Buch, in dem sich alle prominenten Gäste verewigen. Mit jeder Unterschrift wächst so die gefühlte Bedeutung des Ortes. In jedem Fall ist es ein historisches Dokument, welches selbst dann eine Geschichte zu erzählen weiß, wenn kein Eintrag zu finden ist.

Spandau bekam sein prachtvolles Goldenes Buch zur Einweihung des Rathauses vom Buchbindermeister Alfred Dreger geschenkt. Es misst stattliche 50 mal 30 Zentimeter und hat einen geprägten Ledereinband, der mit dem Spandauer Originalwappen versehen ist. Zuallererst haben die wichtigen Gäste der Einweihungsfeier dort ihre Namenszüge hinterlassen. Kronprinz August Wilhelm, der Sohn des letzten deutschen Kaisers, machte den Anfang.

Bedeutsam sind auch die Einträge vom 36. Brandenburgischen Städtetag 1913, denn zu dieser Zeit gehörte Spandau als Stadt (und „heimliche Hauptstadt“) noch zu Brandenburg. Mit der Eingemeindung nach Berlin – als 8. Verwaltungsbezirk – änderte sich sein Status. Am 29. April 1921 trugen sich die Mitglieder des Magistrates von Spandau in ihrer letzten Sitzung ein.

Von 1921 bis 1946 war das Buch spurlos verschwunden, sodass es in dieser Zeit keine Einträge geben konnte. Erst nach dem Krieg tauchte es aus dem Nichts wieder auf. So ist denn auch Spandaus erster Bürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg Gottlob Münsinger einer der ersten, die sich dort eintrugen. Viele berühmte Gäste sollten folgen, so z.B. Mitglieder des englischen Königshauses und der damalige Oberbürgermeister von Berlin, Ernst Reuter. Willi Brandt besuchte Spandau zur 725-Jahr-Feier (Verleihung der Stadtrechte). Ansonsten finden sich im Goldenen Buch die Unterschriften von Sportlern, Schauspielern und Dirigenten, aber auch Überlebende des Holocaust haben sich verewigt. Zu ihnen gehört Zwi Steinitz, der als Zwangsarbeiter im KZ-Außenlager in Haselhorst untergebracht war und später nach Spandau zurückkehrte, um Schülern als lebendiger Zeitzeuge von den damaligen Schrecknissen zu berichten.

Heute tragen sich nicht nur bedeutsame Personen aus der großen Politik ins Goldene Buch Spandaus ein, sondern auch die Träger der Spandauer Ehrennadel, Spandaus höchster Auszeichnung, mit der Menschen im Bezirk geehrt werden, die etwas Besonderes (für den Bezirk) geleistet haben.

Bildergalerie zum illuminierten Rathaus Spandau

Seit dem 13. Oktober 2015 wird die „Laterne“, also der Kopfteil des Rathaus-Turms in farbiges Licht gehüllt.

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Berlin Spandau (S-Bahn, Regionalbahn, Fernbahn)
Regionalbahnlinien: RE2, RE4, RE6, RB10, RB13, RB14
Rathaus Spandau (icon_u-bahn7)
S+U Rathaus Spandau (nahezu alle Spandauer Buslinien): X33, 130, 134, 135, 136, 137, 236, 237, 337, 638, 671, M32, M37, M45, N30, N34

Anfahrt aus Berlin:

S-Bahn (S3 und S9)/ Regionalbahn bis Berlin-Spandau oder icon_u-bahn7 bis Rathaus Spandau

Vom Berliner Hauptbahnhof bis Berlin-Spandau sind es mit der S3 und S9 etwa 30 Minuten. Die Regionalzüge benötigen ca. 15-20 Minuten.

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