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Joachim II.

Einst war er Kurfürst der Mark Brandenburg, heute bewacht sein Standbild das Portal der St.-Nikolai-Kirche in der Spandauer Altstadt. Das hat auch einen Grund: Genau hier trat er nämlich am 1. November 1539 zum protestantischen Glauben über und läutete damit die Reformation in der Mark Brandenburg ein. Ein Heiliger war Kurfürst Joachim II. deshalb allerdings nicht. Vielmehr fiel er dadurch auf, dass er reichlich Schulden machte und mit fremden Frauen anbandelte, obwohl er verheiratet war.

Errichtet wurde das von Erdmann Encke geschaffene Denkmal 1889. Damals jährte sich der Übertritt des Kurfürsten zum protestantischen Glauben zum 350sten Mal.

Der Reformator und Schuldenmacher der Mark Brandenburg

 

Denkmal Kurfürst Joachim II. (Foto: Ralf Salecker)

Der Übertritt des Kurfürsten zum protestantischen Glauben läutete den Beginn der Reformation in der Mark Brandenburg ein (Foto: Ralf Salecker)

Am 1. November 1539 trat Joachim II. in der Spandauer St.-Nikolai-Kirche zum protestantischen Glauben über. Aus den Händen des brandenburgischen Bischof Matthias von Jagow empfing er das heilige Abendmahl nach lutherischer Lehre in beiderlei Gestalt (Hostie und Wein). Wie es früher üblich war, galt dieser Übertritt gleichzeitig für alle Bürger der Mark Brandenburg. Seitdem wird der Beginn der Reformation an diesem Tag gefeiert. In Berlin ist er kein arbeitsfreier Feiertag, in Brandenburg dagegen schon. Einen Tag später, am 2. November 1539 traten der Rat und die Bürgerschaft der Stadt Berlin zum Luthertum über.

Joachims Mutter Elisabeth könnte man jedoch als die eigentliche Reformatorin Brandenburgs bezeichnen, denn sie hatte sich bereits 1527 für die evangelische Sache entschieden. Im Jahr 1528 musste sie deshalb außer Landes fliehen. Zu einer Rückkehr war sie erst bereit, als es aus ihrer Sicht möglich war, ihren Glauben im Land frei zu leben. Erst 1545 sah sie endlich alle Bedingungen erfüllt. Die letzten zehn Jahre ihres Lebens verbrachte sie im Palas der Zitadelle Spandau.

Konflikte zwischen dem katholischen und protestantischen Glauben waren Joachim II. nicht fremd. Väterlicherseits genoss er eine katholische Erziehung, mütterlicherseits dagegen eine protestantische. In einem anderen religiösen Konflikt traf er eine bemerkenswerte Entscheidung. 1510 kam es zu einem Pogrom gegen die märkischen Juden. Ihnen wurde eine unerhörte Tat unterstellt. Sie sollten angeblich geweihte Hostien aus einer Kirche im Havelland gestohlen und geschändet haben. Philipp Melanchthon wies auf dem Fürstentag zu Frankfurt am Main im Frühjahr 1539 nach, dass es sich hier um ein fingiertes Justizverbrechen handelte. In der Folge gestattete der Kurfürst den Juden am 25. Juni 1539, sich wieder in der Mark Brandenburg niederzulassen. Nächstenliebe war hier aber wohl weniger der Beweggrund. Vielmehr sah er so eine Möglichkeit, etwas für seine Finanzen zu tun.

Der Schuldenmacher der Mark Brandenburg

Prachtbauten und die Wege dorthin rissen tiefe Löcher in die Kasse. Der älteste noch erhaltene Schlossbau Berlins, das Jagdschloss „Zum grünen Walde“, geht auf den Kurfürsten zurück. Es gab dem Grunewald seinen Namen. Dieses Jagdschloss war nur eines von vielen, die Joachim II. errichten ließ. Wie es sich für ein altes Schloss gehört, soll hier ein weibliches Gespenst, die weiße Frau, umgehen.

Von seinem Schloss in Cölln wurde eigens ein Knüppeldammweg durch den heutigen Grunewald (früher „Teltower Heide“, ab 1792 „Spandauer Forst“) angelegt. Ein Teilstück des Weges kennen wir heute als Kurfürstendamm.

Doch nicht nur schöne Bauten kosteten viel Geld. Auch die Kriegstechnik im 16. Jahrhundert wandelte sich stetig und verlangte deshalb nach Investitionen, z.B. in neue Verteidigungswerke. So war es nur folgerichtig, dass Joachim II. die am Zusammenfluss von Spree und Havel gelegene Burg in Spandau zu einer Festung nach „neu-italienischer Manier“ ausbauen ließ. 1559 berief er den Landtag ein, auf dem die Baugelder für den Festungsbau bewilligt werden sollten. Die Städte mussten zähneknirschend einen Großteil der Baukosten tragen und zusätzlich noch Arbeitskräfte zur Verfügung stellen. Der ländliche Adel dagegen blieb selbstverständlich von Forderungen jeglicher Art verschont.

Der Knüttelkrieg

Am 8. August 1567 inszenierte der Kurfürst ein Kampfgeschehen zwischen Berliner und Spandauer Bürgern, das als Knüttel- oder Knüppelkrieg in die Geschichte einging. Joachim nutzte die Gelegenheit, währenddessen den Turm der St.-Nikolai-Kirche in der Spandauer Altstadt zu beschießen. Der war ihm nämlich zu hoch und bot potenziellen Feinden einen zu guten Blick auf die Zitadelle.

Der Kurfürst und die schöne Gießerin

Joachim II. nur einen Tunichtgut zu nennen, wäre eine grobe Untertreibung. Er verprasste nicht nur sein Geld, sondern bandelte mit fremden Frauen an, obwohl er verheiratet war. Heute würde diese Liebesgeschichte groß und breit in den entsprechenden Medien aufbereitet werden. Ein Adliger und eine Bürgerliche!

Joachim II. machte Anna Dieterich, die Frau des Geschützgießers Michael Dieterich, zu seiner Geliebten, nachdem seine zweite Frau, Hedwig von Polen, 1549 einen „Unfall“ erlitten hatte infolgedessen sie angeblich ihre „ehelichen Pflichten“ nicht mehr erfüllen konnte. Joachim und Anna lebten ihre außereheliche Beziehung öffentlich. Wie wenig die Familie des Kurfürsten darüber erfreut war, zeigte sich nach dem Tod des Kurfürsten. Obwohl die Familie an dessen Totenbett versprochen hatte, gut für Anna zu sorgen, sperrte man sie auf der Zitadelle ein und ließ sie jämmerlich verhungern. Seitdem geht sie als „weiße Frau“ um, und verkündet den Tod eines aus dem Geschlecht der Hohenzollern.

Als Joachim II. starb, hinterließ er seinem Sohn Johann Georg einen Schuldenberg von 2,5 Millionen Gulden.

Bronze-Reliefs am Denkmal

Inschrift (Widmungstafel an der Sockelvorderseite)

Dem Kurfürsten v. Brandenburg Joachim II. am 350. Gedenktage des am 1. November 1539 in der  St. Nicolaikirche zu Spandau geschehenen feierlichen Uebertritts dieses Fuersten zum evangelischen Glauben errichtet 1889.

Daneben befinden sich drei bronzene Reliefbilder mit Abbildungen des Kurfürsten.

Reliefplatte links

Joachim II. in einem fiktiven Gespräch mit Martin Luther, Philipp Melanchthon und Johannes Agricola.

Reliefplatte rechts

Joachim II. empfängt das Abendmahl in beiderlei Gestalt durch den Bischof von Brandenburg, Matthias von Jagow.

Reliefplatte Hinterseite

Kurfürstin Elisabeth, die Mutter Joachim II., und dessen Bruder Johann. Die Szene deutet darauf hin, dass Elisabeth durch den Einfluss ihres Bruders Christian II. von Dänemark (gegen den Willen ihres Ehemanns Joachim I.) zum Luthertum tendierte und dies auch an ihre Söhne weiterzugeben versuchte.

Haltestellen:

Altstadt Spandau (icon_u-bahn7),
U Altstadt Spandau (icon_busX33)

Anfahrt aus Berlin:

S5 oder Regionalbahn bis Berlin-Spandau, von dort zu Fuß durch die Fußgängerzone (5 Minuten) oder mit der icon_u-bahn7 bis Altstadt Spandau

Vom Berliner Hauptbahnhof bis Berlin-Spandau sind es mit der S5 etwa 30 Minuten. Die Regionalzüge benötigen ca. 15-20 Minuten.

Spandovia Sacra
Museum und Café
Reformationsplatz 12
13597 Berlin
www.nikolai-spandau.de

Öffnungszeiten:

Mi, Fr, Sa und So 15–18 Uhr, Eintritt frei

Führung durch Haus und Ausstellung :

freitags (unregelmäßig): 17.00 Uhr (Dauer ca. 1 Stunde), Führung kostenlos

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