Wendenschloss
Das historisch anmutende Fachwerkhaus in der Jüdenstraße 35 ist der Nachbau eines typischen Ackerbürgerhauses. Als Ackerbürger bezeichnete man Bauern, die in der Stadt lebten, also Bürgerrechte besaßen, ihren Lebensunterhalt aber mit landwirtschaftlicher Tätigkeit bestritten.
Im 18. Jahrhundert stand an derselben Stelle noch ein echtes Ackerbürgerhaus, das später als Restaurant genutzt wurde. Im Laufe der Jahre verfiel es immer mehr. 1966 riss man es dann ab, obwohl das Gebäude unter Denkmalschutz stand und gerade noch rechtzeitig Gelder für eine Sanierung zur Verfügung gestellt wurden. Die Nikolai-Kirchengemeinde erwarb das Grundstück und errichtete an selber Stelle einen Neubau mit vorgeblendetem Fachwerk.
Nachbau eines Ackerbürgerhauses
Eine Altstadt lebt naturgemäß von ihren alten Häusern. Wer in Spandau durch die Gassen und Straßen der Altstadt schlendert, wird natürlich auch am sogenannten Wendenschloss vorbeikommen, dem Ackerbürgerhaus auf der Ecke Jüdenstraße (im 3. Reich in Kinkelstraße umbenannt, nach dem Theologen Gottfried Kinkel) / Ritterstraße. Wie der Volksmund zur Bezeichnung Wendenschloss kam, kann niemand genau sagen. Wenden hat es in Spandau nie gegeben. Ackerbürger waren Bauern, die in der Stadt lebten, also Bürgerrechte besaßen, ihren Haupterwerb aber mit landwirtschaftlicher Tätigkeit bestritten. Ihre Ländereien lagen innerhalb des städtischen Einflussbereiches. Kennzeichnend für ein Ackerbürgerhaus sind u.a. die großen Toreinfahrten, durch die auch Pferdegespanne passen sollten.
Aus Neu mach Alt
Das Herz von Freunden alter Fachwerkhäuser wird erst einmal höher schlagen. Imposant erhebt sich der Bau mit dem großen Eingangstor am Straßeneck. Der erste Eindruck täuscht jedoch. Das scheinbare Fachwerk ist nur Fassade. Das „Blendwerk“ ist dem Betonkern „übergestülpt“. Nun mag man meinen, das sei egal. Schließlich gehe es doch im Wesentlichen darum, den Schein alter Bausubstanz in der Spandauer Altstadt zu wahren. Denn leider ist vieles im Krieg zerstört worden oder den „Sanierungen“ der Nachkriegsjahre zum Opfer gefallen.
Das Ackerbürgerhaus hätte jedoch durchaus im Original überleben können. Im 18. Jahrhundert (1781) stand hier nämlich wirklich ein Ackerbürgerhaus. 1888 wurde es als Restaurant genutzt. Im Laufe der Jahre verfiel es immer mehr. 1966 riss man das Original ab – obwohl das Gebäude unter Denkmalschutz stand und eigentlich gerade noch rechtzeitig Gelder für eine Sanierung zur Verfügung gestellt wurden. So kann es gehen, wenn Landeskonservatoren eigenwillige Wege gehen. Die Nikolai-Kirchengemeinde erwarb das Grundstück und errichtete an selber Stelle einen Neubau mit vorgeblendetem Fachwerk als Nachbildung des ursprünglichen Gebäudes. Der damals zuständige Konservator bezeichnete den „Neubau“ als Wunder der Denkmalpflege. Andere würden dies mit deftigen Worten weniger freundlich beschreiben.
Im Jahr 2013 setzten sich die Schüler der Spandauer Kunstbastion auf ganz eigene Art und Weise in einem Kunstprojekt (Das Wendenschloss – Geschichte eines Fachwerkhauses) mit dem Wendenschloss auseinander.
Fachwerk damals und heute
Übrigens: Heute erfreuen wir uns an Fachwerkhäusern wegen ihres typischen Anblicks – dem Fachwerk. In der Spandauer Altstadt existieren noch viel mehr davon. Man sieht es ihnen nur nicht an. Früher wurde Fachwerk aus Brandschutzgründen verputzt. Der Putz sorgte für einen Schutz der brandempfindlichen Holzbalken. In Spandau wüteten früher viele verheerende Brände, denen große Bereiche der Stadt zum Opfer fielen. Später wurde der Putz aus „sozialen“ Gründen angebracht. Man wollte sich bewusst von der ländlich-bäuerlichen Fachwerkbauweise abgrenzen. In Städten galten Steinhäuser als Zeichen von Wohlstand. Putz war also so etwas wie „soziale Tünche“. So ändern sich die Zeiten …
Wendenschloss / Ackerbürgerhaus
Jüdenstraße 35
13597 Berlin
Haltestellen:
Altstadt Spandau (7),
U Altstadt Spandau (X33)
Moritzstraße (X33, 134, 136, 137, 236, 671, M45, M37)
Anfahrt aus Berlin:
S5 oder Regionalbahn bis Berlin-Spandau, von dort zu Fuß durch die Fußgängerzone (5 Minuten) oder mit der 7 bis Altstadt Spandau
Vom Berliner Hauptbahnhof bis Berlin-Spandau sind es mit der S5 etwa 30 Minuten. Die Regionalzüge benötigen ca. 15-20 Minuten.