Früher Postamt, dann Haus der Gesundheit und nun Volkshochschule
Es gab einmal vor langer, langer Zeit, da gab es kein einheitliches Postsystem in Deutschland und dem Rest der Welt. Wer einen Brief schreiben wollte, was eine Seltenheit war, fand keine international agierende Struktur, der er seine Post anvertrauen konnte. Jedes Land oder Fürstentum kochte sein eigenes Süppchen. Postreiter, gab es nicht nur im Wilden Westen, auch im noch nicht geeinten Deutschen Reich, welches als Nationalstaat erst seit 1871 existiert.
1701 hängte man in Berlin noch ein Verzeichnis der wenigen eingetrudelten Briefe aus. Mehr war anscheinend nicht notwendig. Wer einen Brief erwartete, musste also regelmäßig nachschauen. Erst 1766 gab es den ersten Briefkasten Berlins. Dieser hing im Flur des Hof-Postamtes. 7 Briefträger sorgten für die Zustellung der Briefe. Nur zwei Postbeamte waren noch 1769 ausreichend, um die Entgegennahme und Auslieferung der Briefe abzuwickeln.
Die Post in Spandau zog im 19. Jahrhundert mehrfach um. 1829 befand sie sich noch im Haus des Postfuhrunternehmers Commerzienrath Berr in der Breite Straße 21. 1852 zog sie weiter in die Hausnummer 32. 1857 bis 1867 war sie beim Pfarrer in der Potsdamer Straße 14 untergebracht. Traute man etwa den privaten Postunternehmern nicht mehr?
Das kaiserliche Postfuhramt in Spandau
Das Kaiserliche Postfuhramt in der damaligen Potsdamer, heute Carl-Schurz-Straße, wurde am 1. April 1867 eröffnet. Vier Jahre später verkauften die Erben des Posthalters das Gelände für rund 32.000 Taler an die Postverwaltung des Deutschen Reiches. Der Unterzeichner im Namen der Post war Generalpostmeister Heinrich von Stephan, der spätere Begründer des deutschen Postvereins. Am 9. Oktober 1874 wurde im „Rathaus zum Äußeren Stand“ von Bern (Schweiz) auf Vorschlag des deutschen Generalpostdirektors Heinrich von Stephan ein Allgemeiner Postverein von 22 Staaten gegründet. Dieser zählt zu den ältesten Internationalen Organisationen überhaupt. 1878 wird er in Weltpostverein umbenannt.
Der Postbetrieb in Spandau boomte. 1877 musste das Nachbargrundstück in der Potsdamer Straße 47 dazu erworben werden. Fünf Jahre später wurde auch der südlich davon gelegene Teil in der 49 erworben. Da auch das bald nicht mehr ausreichte, begann man 1888, im Dreikönigsjahr, einen Neubau zu errichten, der 1890 fertiggestellt wurde.
Am 15. Oktober 1890 konnte das „Kaiserliche Postamt“ endlich seiner Bestimmung übergeben werden. Bewusst repräsentativ, im Stil der Renaissance, kam das Gebäude daher. Man war stolz auf die erbrachte Leistung. Eine Säulenhalle bildete den Haupteingang. Im Erdgeschoss waren die Schalter untergebracht, die einige ältere Spandauer durchaus noch erlebt haben dürfen. Oben befanden sich Telegrafen- und Fernsprechdienst, also das „Frollein vom Amt“. Das Spandauer Fernsprechamt wurde am 10. August 1888 eröffnet und hatte stolze 15 Teilnehmer.
Im Großen und Ganzen hat das Gebäude seine ursprüngliche Form behalten. 1936 erfolgte eine Aufstockung und im Krieg wurde der südliche Turmaufsatz zerstört.
Privatpost in Spandau, ein lukrative Geschäft
Geschäftstüchtige Menschen gab es schon immer. Ein findiger Spandauer, Max Materne, gründete am 1. Januar 1897 eine Privatpost, den „Stadt-Brief-Beförderungs-Courier“ Er nutzte den glücklichen Umstand, dass nach dem Reichspostgesetz ausschließlich die Beförderung geschlossener Briefe nach Auswärts der staatlichen Reichspost vorbehalten war. Berlin war nun nicht unbedingt auswärts.
Andere Auflagen galten zusätzlich. So durfte er den Begriff Post nicht verwenden, die Briefkästen mussten besonders gekennzeichnet werden. Um nicht alles für viel Geld selbst drucken zu müssen, kam er auf den pfiffigen Gedanken, Vordrucke der Breslauer Privatpost zu nutzen. Der Name Breslau wurde dabei einfach mit Spandau überklebt.
Nur wenige Monate nach der Gründung kaufte eine andere Firma die Privatpost, die ihren Sitz in der Breiten Straße 51 hatte. 1900 war es mit der Zeit der Privatpost in Deutschland endgültig vorbei. Ein geändertes Gesetz machte es möglich. Immerhin wurden die privaten Betreiber großzügig entschädigt. Die Spandauer Betreiber konnten sich über rund 98.000 Goldmark freuen.
Das Postgelände wächst
Spandau prosperierte, auch wenn dies nicht einem friedlichen Umstand geschuldet war. Spandaus Rüstungsbetriebe wuchsen. Damit untrennbar verbunden war eine Zunahme der Bevölkerung in der Stadt. Rund 41.000 Zivilisten wohnten um 1890 in der Stadt. Eine weitere Erweiterung der Post musste her. Das komplette restliche Grundstück, welches sich zwischen Potsdamer Straße, Mühlengraben und Jüdenstraße befand, kam in den Besitz der Reichspost. 1909 war auch der darauf errichtet Erweiterungsbau fertig gestellt. Dieser wurde hauptsächlich als Paketamt genutzt. In dieser Zeit wurde der Mühlengraben mit einer Spundmauer befestigt und die Stephansbrücke an der Jüdenstraße errichtet. Ihr Name erinnert an den Generalpostdirektor Heinrich von Stephan.
Das Ende der alten Post
1980 schlossen die Pforten des alten Postamtes in der Spandauer Altstadt. Es erfolgte der Umzug das moderne Gebäude in der Klosterstraße. 1983 wurde im ehemaligen Kaiserlichen Postamt das Haus der Gesundheit untergebracht. Der damalige Gesundheitsstadtrat Wilhelm Heidepriem setzte die Umwandlung der alten Post in ein Haus der Gesundheit durch. Acht Jahre später zog die Stadtbibliothek in das benachbarte alte Paketpostamt. Im Jahr 2011 zogen einige Bereiche des Gesundheitsamtes Spandau in die Klosterstraße um. Seitdem waren die Pforten des Hauses verschlossen. Das wird sich mit dem Einzug der Volkshochschule nach der umfangreichen Sanierung des Gebäudes ändern.
Einzug der Volkshochschule Spandau
Im September 2016 beginnt der Unterrichtsbetrieb im barrierefreien neuen Haus der Volkshochschule, dem ehemaligen Kaiserlichen Post- und Telegrafenamt und späteren Haus der Gesundheit im Herzen der Altstadt Spandau. Gleichzeitig feiert die Volkshochschule Spandau den 70. Geburtstag der Wiedergründung nach dem zweiten Weltkrieg.
- Haus der Volkshochschule Spandau
- Carl-Schurz-Str. 17
- 13597 Berlin